Das erste Mal - alles anders als früher?
Ob Jung oder Alt: Der erste sehnsüchtige Blick, der erste scheue Kuß, das "erste Mal" war und ist unvergeßlich. Doch es gibt sehr unterschiedliche Auffassungen über die Liebe im Wandel der Zeit. Die Generation der Großeltern verklärte die erste Liaison zum Gemisch von Romantik, Treue und Selbstlosigkeit, geißelte die Libertinage der 68er, rümpfte die Nase über die Coolness der achtziger und empört sich heute über "Verantwortungsscheu und Bindungsunfähigkeit" der Jugend der neunziger Jahre. Die Jungen lassen sich derweil keinen "Code sensuell" mehr verordnen. Die einen frönen der kurzen Begegnung zwischen Raveparty und Ecstasy, die andern halten Händchen, planen Haus und Familie und die Zweisamkeit auf immerdar. "Das erste Mal - alles anders als früher?" fragt Wieland Backes seine Gäste. - Annemarie Wendl sorgt als Else Kling in der "Lindenstraße" für den Tratsch im Treppenhaus. Privat mag die Volksschauspielerin kein "Gegrabsche" in der Öffentlichkeit sehen. An ihr "erstes Mal" erinnert sich die 73jährige nur mit Grausen: "Wir hatten eine Sexmoral, schlimmer, wie vor 500 Jahren". - Björn Hergen Schimpf, früherer Moderator der IQ-Show, blickt auf seine Jugend mit Schmunzeln zurück. Schimpf, 55 Jahre alt, ist seit 33 Jahren mit seiner großen Liebe verheiratet und betont: "Das erste Mal war ein hektisches Gefummel - man war ja kein Robert Redford". - Die 43jährige Psychologin Margit Tetz, Leiterin des "Dr. Sommer-Teams" des deutschen Aufklärungsorgans "BRAVO", beantwortet täglich Fragen von Jugendlichen; sie beobachtet frühen Informationsbedarf: "Die 15jährigen wollen konkrete Tips". - Die 15jährige Jacqueline Kienzl kritisiert die Prüderie um sich herum und bekennt: "Ich brauche keine BRAVO und falsche Romantik. Sex ist für mich auch so in Ordnung." - Markus Morath, 25 Jahre alter Landfeldmeister der Katholischen Pfadfinder Europas, hält seine "Jungfernschaft" in Ehren. Erst in der Hochzeitsnacht will der Architekturstudent das "erste Mal" erleben, und bis die "Richtige" kommt, geißelt der Überzeugungsredner den Aufklärungsterror. - Für die 49 Jahre alte Sexualwissenschaftlerin Ulrike Schmauch sind selbstbewußte Jugendliche wichtig, die dem Dilemma des öffentlichen Sexdrucks standhalten. - An der Bar: Erika Koschollek, Katharina Balzer und Valeska Schlagk. Die achtzigjährige verwitwete Hamburgerin Erika Koschollek mußte mit 19 Jahren ihrem Vater, einem Pastor, von ihrem Sündenfall samt anschließender Schwangerschaft beichten. Die Ehe hielt dann immerhin 45 Jahre, aber Erika Koschollek meint auch, "diese Heimlichkeit bei uns, die ist nicht schön gewesen." - Die 17jährige Katharina Balzer "klärt" seit vier Jahren an ihrer Gesamtschule in Berlin-Spandau auf. Ihr eigenes "erstes Mal" erlebte die "Peer-Beraterin" im letzten Griechenlandurlaub. Seit vier Wochen hat sie einen neuen Freund und betont: "Wir probieren, aber es läuft noch nicht rund." - Auch die 18jährige Valeska Schlagk "unterrichtet" seit Jahren ihre Mitschüler zum Thema "Sex". Sie selbst hat noch keine Erfahrung damit. Die junge Frau ist vom Druck auf dem Schulhof genervt und stöhnt: "Manchmal würde ich es am liebsten hinter mich bringen. Dazu muß ich nicht verliebt sein."
- 27.02.1998 22.20, SWR, Nachtcafé
- 12.07.1998 10.00, Hessen 3, Nachtcafé
- 03.08.1998 01.15, WDR, Nachtcafé