Hitler im Kino - Vom Tabu zum Kassenknüller?
"Der Untergang" - Bernd Eichingers Film über die letzten 12 Tage bis zum 2. Mai 1945 im Führerbunker Adolf Hitlers zieht die Deutschen in die Kinos. Mit über 480.000 Besuchern setzte sich der Film über das Ende des Naziregimes, vier Tage nach dem Filmstart an die Spitze der deutschen Kinocharts. "Der Untergang" will die ganze Wahrheit zeigen, so wie es sich vor mehr als einem halben Jahrhundert im Herzen Berlins tatsächlich zugetragen hat. Das ist der hohe Anspruch von Drehbuchautor Bernd Eichinger. Eichinger begriff es als die größte Herausforderung, "das zu tun, was bisher keiner gewagt hat, nämlich die Personen, die im Wesentlichen das NS-Regime geprägt haben, als dreidimensionale Charaktere darzustellen". Damit wollte er die "bisherige Dämonisierung und das Tabu Hitler" brechen. Kritiker sehen diesen Ansatz und das Ergebnis durchaus geteilt. Für gelungen halten einige Experten diesen Versuch, in dem "erstmals ein bedeutendes Kapitel deutscher Geschichte auch mit deutscher Crew und Sensibilität erzählt" wird. Ohne Mitleid für Monstren zu entwickeln, entlarve der Film "mit glänzendem Ensemble Regime, Ideologien und Mechanismen". Doch größter Vorwurf an die Macher bleibt, dass über das Bestreben hinaus, einen 'bedeutenden' Stoff auf dem Boden des historisch Verbürgten publikumswirksam umzusetzen, keine 'Idee' in diesem Unternehmen zu erkennen sei. Der Untergang sei Produzentenkino der schlechteren Art: Es fehlen Handschrift und dramaturgische Stringenz. Die deutsche Albtraumgestalt Hitler nicht als Monster, sondern auch als Mensch zu zeigen, für den man unerlaubt freundliche Gefühle entwickelt, das berührt auch 60 Jahre nach Kriegsende einen nicht verkümmerten Fragereflex der Empörung: Darf man das? Dass der Kinostart in Deutschland zeitgleich mit Landtagswahlen sein würde, an deren Ende rechtsradikale Parteien beunruhigend hohen Wählerzuspruch fanden, konnte so niemand voraussehen. Jeder zweite Erstwähler in Sachsen stimmte für die NPD, jung, arbeitslos, oft ungebildet und vom Lande. Und so flimmert "Der Untergang" in einer Zeit über die deutschen Kinoleinwände, da nicht nur der Bundestagspräsident besorgt besonders auf die Jugend des Landes blickt und Gesellschaft und Politik auffordert darüber nachzudenken, was Schulen an Demokratie-Erziehung leisten und was mit der Jugendarbeit passiere solle. Ist Deutschland reif für den "Untergang"? Hätte es diesen Film nicht schon längst geben müssen? Oder ist das Hitler-Epos überflüssig? Gehört der "Untergang" in den Geschichtsunterricht? Oder ist er ein reiner Action-Film? Kann der "Untergang" Aufklärungsarbeit leisten? Was treibt die Jungwähler in Ost und West in die Arme der Neo-Nazis? Diese und andere Fragen diskutiert Maybrit Illner mit ihren Gästen.
- 23.09.2004 22.15, ZDF, Berlin Mitte
- 24.09.2004 03.45, ZDF, Berlin Mitte
- 24.09.2004 17.35, Phönix, Berlin Mitte