Weltverbesserer
Sie protestieren öffentlichkeitswirksam auf der Straße, engagieren sich in Bürgerbewegungen oder als stille und zähe Einzelkämpfer in kleinen Projekten im In- und Ausland. Andere wiederum haben sich für den Marsch durch die Institutionen entschieden oder treiben mit ihrem prominenten Namen Spenden für Hilfsprojekte ein. Ihnen allen ist gemeinsam: Sie wollen die Welt verbessern und glauben an die gute, gerechte Sache. Mehr als zwei Milliarden Euro spendeten die Deutschen im vergangenen Jahr und die Zahl der aktiven Weltverbesserer geht in die Hunderttausende. Lohnt sich der Einsatz für eine bessere Welt? Welche Mittel sind dafür am besten geeignet? Stehen all die Gutmenschen auf verlorenem Posten, weil sich die Mächtigen am Ende doch durchsetzen? Wieland Backes unterhält sich mit einer bunten Schar von "Weltverbesserern", u.a. mit dem Sänger Peter Maffay und dem langjährigen Bundesumweltminister Jürgen Trittin, am Freitag, 22. Dezember 2006 im SWR Fernsehen. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an Thomas Krebs (0711-9293553). Presse: Oliver Kopitzke (Tel. 07221-929-4281). Die Gäste: Peter Maffay will eine bessere Welt - vor allem für Kinder! Der Musiker gründete die Tabaluga Kinderstiftung für traumatisierte Kinder und baute auf Mallorca eine Finca, in der sie sich von ihren schlimmen Erfahrungen erholen können. Sein neuestes Projekt ist die "Allianz für Kinder": Maffay singt mit Musikern aus aller Welt und sammelt Spenden: "Wir wollen zeigen, dass man auch mit Musik was bewegen kann." Auch Jürgen Trittin hat einiges bewegt: Als Umweltminister hat er den Ausstieg aus der Atomenergie auf den Weg gebracht, die erneuerbaren Energien vorangetrieben und das Dosenpfand eingeführt... Was kaum einer weiß: Als junger Mann war der Grünen-Politiker Mitglied beim Kommunistischen Bund, hat Häuser besetzt und gegen den Bau von Atomkraftwerken demonstriert. Er selbst findet seinen Wechsel ins "Establishment" völlig konsequent: "Trotz unseres Protestes wurde Brokdorf gebaut. Daher haben wir beschlossen, um Plätze in den Parlamenten zu kämpfen!" Bettina Röhl ist die Tochter von Ulrike Meinhof. Die Journalistin Röhl erlebte ihre Mutter als nimmermüde Missionarin im Dienste der Weltverbesserung. Doch Ulrike Meinhofs anfangs idealistischer Weg führte zur RAF, in den Terrorismus und am Ende in den Tod im Gefängnis. Auf Weltverbesserer blickt Bettina Röhl deswegen kritisch und meint: "Da ist meist zuviel Hysterie und zu wenig Sachverstand am Werk!" Ganz anders denkt Martin Höld: Das oberschwäbische Urgestein findet sich mit keinem Missstand einfach ab. Besonders, wenn es aussichtslos scheint, hält er dagegen. Als Personalrat setzte er sich erfolgreich für den Erhalt von Arbeitsplätzen in der Klinik Weissenau ein und verhinderte die Privatisierung. Als engagierter Bürger ließ er sich zur Bundestagswahl aufstellen - aber niemals von irgendeiner Partei vereinnahmen. Von März bis Oktober geht er konsequent barfuß. Martin Höld sagt: "Mein Leben ist mein Programm!" und will viele Menschen ermutigen, es ihm gleich zu tun. Lotti Latrous führte als Gattin eines Nestlémanagers in Afrika ein Luxusleben mit Villa, Pool, Hausdiener und Chauffeur. Das alles gab sie auf, als sie ihre wahre Berufung entdeckte: Die Hilfe für aidskranke Kinder und Erwachsene. Heute führt die Schweizerin mithilfe von Spenden ein Sterbespital, ein Waisenhaus und ein Ambulatorium in Abidjan, Elfenbeinküste. Sie ist für viele todkranke Menschen die letzte Hoffnung. Lotti Latrous sagt: "Ich habe den Sinn meines Lebens gefunden - ich brauche nichts mehr!" Diesen Sinn hatte auch Thies Hagge seit seiner Jugend gesucht. Der Pastor lebt in Hamburg Jenfeld - der Ort, an dem die siebenjährige Jessica im letzten Jahr hilflos verhungerte. Für Hagge unerträglich. Er gründete daraufhin das Kinderhaus Arche, in dem arme und vernachlässigte Kinder viel Zuwendung und warmes Essen bekommen. Als Seelsorger betreut er aber auch die Eltern des toten Kindes in der Haft. Er ist sich sicher: "Hätte die Mutter von Jessica eine Arche gehabt, dann wäre es nicht so weit gekommen!" An der Bar: Der Taxifahrer René Günther setzt sich für die Umwelt ein. Daher hat der Berliner sein Taxi vor einigen Jahren auf Pflanzenöl umgerüstet. Seine Idee: Warum frisches Öl verschwenden, wenn Imbissbuden täglich tausende Liter Frittenöl entsorgen müssen? Also baute der findige Taxler eine Ölreinigungsmaschine und kippt seither recyceltes Pommesfett in den Tank. So wird nicht nur die Umwelt geschont, sondern auch der Geldbeutel. Erstaunt ist der Weltverbesserer, dass er so wenig Nachahmer findet: "Ich bin wirklich desillusioniert, was das Umweltbewusstsein der Leute angeht."
- 22.12.2006 22.00, SWR, Nachtcafé
- 23.12.2006 08.50, SWR, Nachtcafé