Spritzen für den Sieg: Wird Doping zum Normalfall?
Ivan Basso, der italienische Radstar, weiß es wohl selber nicht genau: Ob er gestehen will oder nicht? Ein typisches Bild: Wer als Spitzensportler in Doping-Verdacht gerät, leugnet meist verzweifelt oder eiert unglaubwürdig herum. Denn das abrupte Ende der Karriere droht, das Image des Betrügers. Viele Fans sind verzeifelt. Sie ahnen, dass Doping in vielen Sportarten zum Alltag gehört. Dabei wünschen sie es sich doch ganz anders: dass unsere Spitzensportler ganz hart trainieren, ganz fair kämpfen - und am Ende gewinnen: für uns, für Deutschland. Ob Weltmeisterschaft, Tour de France oder Olympische Spiele: Die ganze Nation lechzt nach Siegen und will dabei blind darauf vertrauen, dass vor und während der Wettkämpfe alles "sauber" abläuft. Doch nach einer aktuellen Studie, in der deutsche Sportler anonym befragt wurden, hat fast jeder zweite Kaderathlet schon einmal in seiner Karriere dedopt. Nur öffentlich darüber reden, dass wollen die wenigsten... Ob Jan Ulrich, Ivan Basso oder Grit Breuer - sie alle schweigen. Denn im Spitzensport gibt es inzwischen einen Teufelskreis: ohne Siege kein Kaderplatz, ohne Kaderplatz kein Sponsor und ohne Sponsor kein Sieg. Das treibt vermutlich viele Spitzenathleten und Trainer zu den Spritzen, Hormonen und Doping-Ärzten. Diese finden sich nach Einschätzung von Anti-Doping-Fahndern inzwischen selbst an deutschen Universitätskliniken. Kritiker befürchten, dass man auch bei uns längst von einer Art "Staats-Doping" sprechen kann. - Der Staat reagiert nun: Im Bundesrat deutet sich eine Mehrheit für eine Verschärfung des geplanten Anti-Doping-Gesetzes an. Schon an diesem Freitag könnte das Ländergremium dem Bundestag einen entsprechenden Vorschlag machen. Danach wären in Zukunft neben dem Besitz auch der Import und Erwerb "nicht geringer Mengen" bestimmter Doping-Mittel strafbar. Auch soll eine Kronzeugenregelung gelten. Ob solche Maßnahmen das Schweigen der Betroffenen brechen können, ist fraglich. Und den Wunsch nach leistungssteigernden Mitteln haben nicht nur Spitzenathleten. Laut Drogenbericht der Bundesregierung nutzen etwa 200.000 Freizeitsportler, vor allem junge Männer, inzwischen derartige Mittel. - Ist Doping also längst zum Normalfall geworden? Wäre es dann nicht ehrlicher, Doping freizugeben? Oder brauchen wir härtere Strafen? Wenn ja, für wen? Wollen Fans überhaupt sauberen Sport, wenn darunter die Leistung leidet? Und was nutzt es uns, "clean" zu sein, wenn andere Nationen munter weiter dopen? Diese und andere Fragen diskutiert Maybrit Illner mit ihren Gästen.
- 10.05.2007 22.15, ZDF, Maybrit Illner
- 11.05.2007 03.35, ZDF, Maybrit Illner
- 11.05.2007 17.30, Phönix, Maybrit Illner