Justizirrtümer
"Es tut mir tierisch leid für ihn": Anstelle von Hubert B., der einen Taxifahrer überfallen und beraubt hatte, musste Jens Schlegel ins Gefängnis. Weil er dem Phantombild der Polizei so ähnlich sah und seine Vorgeschichte in das Täterbild passte, saß Schlegel anderthalb Jahre im Gefängnis - bis der wahre Täter sich schließlich stellte. Während seiner Haft entkam der heute 31-Jährige nur knapp dem Tod. Findet man nach so einem Schicksal wieder in das normale Leben zurück? Schlegel trifft heute bei Kerner auf seinen Richter - eine besondere Begegnung. Dietrich Scheiba verurteilte Schlegel 1999 als Vorsitzender Richter der Jugendkammer in Nürnberg in zweiter Instanz zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten wegen schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung. "Ich würde heute zu dem gleichen Urteil kommen", sagt Scheiba, der das Fehlurteil sehr bedauert. Justiz-Irrtum mit Folgen: Donald Stellwag (52) saß acht Jahre lang unschuldig im Gefängnis. Er bestritt bis zuletzt die Tat und obwohl mehrere Zeugen sein Alibi bestätigten, wurde er aufgrund eines Gutachtens verurteilt. Erst nach seiner Haftentlassung kam die Wahrheit ans Licht - als sich der wahre Täter meldete! Stellwag verklagte den Sachverständigen, der ihn ins Gefängnis brachte und bekam Recht: der Gutachter soll 150000 Euro Schmerzensgeld zahlen. Für den Ex-Häftling sind das 51 Euro Entschädigung pro Gefängnistag. Die schweren körperlichen und seelischen Schäden bleiben. Andreas Kühn sitzt seit achteinhalb Jahren wegen angeblichen Bankraubs im Gefängnis. Nun behauptet ein Gerichtsgutachter, er können nicht der Täter sein. Auch sein ehemaliger Arbeitgeber Rainer Glöckle (65) ist von der Unschuld Kühns überzeugt ? und kämpft für die Freilassung seines früheren Angestellten. Bei Kerner berichtet er über den ungewöhnlichen Fall und erklärt, warum er sich so für seinen Ex-Mitarbeiter einsetzt. Spiegel-Gerichtsreporterin Gisela Friedrichsen hat schon viele spektakuläre Fälle beobachtet und kennt die Entscheidungsprozesse in deutschen Gerichtssälen. Woran liegt es, dass immer wieder Unschuldige verurteilt werden? Wie beurteilt Friedrichsen die Fälle der heutigen Sendung? Über ihre Beobachtungen und die spektakulärsten Fälle aus 20 Jahren spricht Friedrichsen heute Abend bei JBK. Bernhard Töpper ist Rechtsanwalt und Leiter der ZDF-Redaktion "Recht und Justiz". Wenn es darum geht, Gerichtsurteile zu erläutern, über spannende Prozesse zu berichten und das Recht für den Fernsehzuschauer durchschaubar zu machen, dann ist der ZDF-Rechtsexperte gefragt. Und so erklärt er heute bei "Kerner", wie es zu sogenannten Justizirrtümern kommen kann.
- 14.04.2009 22.45, ZDF, Johannes B. Kerner
- 16.04.2009 03.05, ZDF, Johannes B. Kerner