Patient, zur Kasse bitte! - Wie viel Gesundheit können wir uns noch leisten?
Markus Söder "Wir dürfen unser Gesundheitssystem nicht schlecht reden - nur wegen steigender Kosten", sagt der bayerische Gesundheitsminister. Die Frage sei nur, wer die Teuerungen trägt. "Das können nicht nur die Patienten und Ärzte sein". Die heiß diskutierte Kopfpauschale hält Markus Söder "schlicht und einfach für ungerecht." Sie verletze das grundlegende Prinzip des Sozialstaats: "Danach gibt der Starke etwas mehr, damit der Schwache genauso gut behandelt werden kann." Heiner Garg Schleswig-Holsteins Gesundheitsminister unterstützt die Pläne von Philipp Rösler, seines Parteifreundes und Amtskollegen im Bund. "Wie entkopple ich die Kosten für Gesundheit vom Erwerbseinkommen - das ist die entscheidende Frage in einer Gesellschaft, in der es immer weniger Erwerbsfähige aufgrund des demographischen Wandels gibt." Die als Kopfpauschale diskutierte Gesundheitsprämie bringe mehr Gerechtigkeit, davon ist Heiner Gerg überzeugt. Prof. Dr. Karl Lauterbach Der SPD-Gesundheitsexperte kritisiert seit Jahre das Zwei-Klassen-Gesundheitssystem. Auch die neuen Reformvorschläge der FDP lehnt er ab: "Es ist kein Geld da für das Konzept von Gesundheitsminister Rösler. Das Ganze wird in einem Fiasko für ihn enden." Die Kopfpauschale belaste vor allem Bürger mit geringem Einkommen, sagt der Mediziner und Bundestagsabgeordnete. Jens-Uwe und Tanja Nolte Über 50 Jahre lang lebte der Architekt und Hochleistungssegler ohne nennenswerte Krankheit. Im Februar 2009 bemerkte er, dass seine Kondition schlagartig abnahm. Sein Arzt schickte ihn sofort ins Krankenhaus, die Diagnose: Eine Lungenkrankheit, die zunächst medikamentös behandelt werden muss, um das Risiko einer heiklen, aber lebensnotwendigen Operation zu minimieren. Doch die Krankenkasse verweigert ihm das Medikament. Jetzt klagt das Ehepaar Nolte. Dr. Christiane Zebidi Die Hamburger Hausärztin nimmt Konflikte mit den Krankenkassen in Kauf, um ihre Patienten ausreichend zu versorgen. Sie verschreibt notwendige Medikamente, auch wenn die Kosten möglicherweise über dem vorgegebenen Praxisbudget liegen. Dr. Christiane Zebidi, die seit 25 Jahren als Allgemeinärztin im Arbeiterbezirk Hamburg-Harburg praktiziert, ist davon überzeugt: "Entweder man arbeitet als Hausärztin wirtschaftlich oder fürsorglich. Beides geht nicht!" Sibylle Herbert "Vielen Patienten in Deutschland werden heute Therapien und Medikamente vorenthalten. Ärzte können längst nicht mehr allen Patienten das geben, was sie für richtig halten", sagt die Medizinjournalistin (Buch: "Diagnose unbezahlbar. Aus der Praxis der Zweiklassenmedizin"). Die Kopfpauschale sei überflüssig und ändere nichts an den grundlegenden Problemen des Gesundheitssystems, glaubt Sibylle Herbert, die selbst Kassenpatientin ist.
- 23.03.2010 22.45, ARD, Menschen bei Maischberger
- 24.03.2010 09.30, MDR, Menschen bei Maischberger
- 27.03.2010 23.55, 3SAT, Menschen bei Maischberger
- 18.08.2010 09.30, MDR, Menschen bei Maischberger