Die Wahrheit über Scientology

22. März 2009, 06:06 Uhr

Kategorie: Religion, Gesellschaft

Autor:
Niklas von Rauffenburg

Meine Herren!

Kaum bewegt ein gewisser Tom Cruise mal seinen überbezahlten Arsch nach Deutschland, oder es läuft gerade ein neuer Film mit dem Kerl an, dann geht wieder das Geschrei um Scientology los. Denn Tom Cruise gehört wie John Travolta und viele andere (weniger bekannte) Gestalten aus Hollywood zu denen, die deftig Reklame laufen für diese, äh, Kirche, die auf den kruden Phantasien des gescheiterten Science-Fiction-Autors Lafayette Ron Hubbard basiert. Und das ist kolossal bescheuertes Zeug, gewiss. Aber, Freunde der Nacht, haben wir eigentlich keine anderen Probleme?

Schauen wir uns Scientology doch mal etwas genauer an. Nach Schätzungen des Verfassungsschutzes hat der Verein in Deutschland sensationelle fünf- bis sechstausend Mitglieder. Wahnsinn! Da erfreuen sich sogar die Kandidaten der PBC (Partei Bibeltreuer Christen) größeren Zuspruchs. Dass es den Scientologen in Wahrheit nicht um geistige Klarheit (das ist eine ihrer Lieblingsvokabeln) geht, leuchtet jedem ein, der sich deren Gesülze mal näher anschaut. Hubbard berichtet zum Beispiel, dass vor schlappen 5,5 mal 10 hoch 19 Jahren ein geistig noch ziemlich unklarer Typ aus einem UFO direkt ins Meer plumpste und daraufhin von einem Teufelsrochen massakriert wurde, dessen Identität er daraufhin annahm (Quelle). Nun fragen Sie: Wer kann nur so einen Blödsinn glauben, wo die Wissenschaft doch das Alter des Universums ziemlich genau auf 13,7 Milliarden Jahre datieren kann?

Hören wir also lieber auf eine durch und durch vernünftige und rationale Religion: das Christentum. Demnach wurde das Universum am Sonntag, dem 23. Oktober 4004 v. Chr. irgendwann um 9 Uhr morgens (oder so) erschaffen, denn der Herr ist ja kein langhaariger Faulenzer, der bis Mittag im Bett liegt. Dieser Gott erschafft also in wenigen Tagen die Welt, wie wir sie jetzt kennen, und von der Leibniz behauptet, dass sie dann ja wohl die beste aller möglichen Welten sein müsse. Gott fabriziert schließlich zwei Figuren namens Adam und Eva nach seinem Ebenbild, setzt sie in ein Paradies, verbietet ihnen aber (ohne jeden triftigen Grund), die Früchte von einem der Bäume zu essen (wahrscheinlich aus reiner Bosheit). Es dauert folglich nicht lange, bis seine Geschöpfe der Versuchung nicht widerstehen können und rausfliegen. Das war's dann mit dem Paradies. Warum lässt dieser allmächtige Schöpfer die Leute nicht einfach in Ruhe Obst mampfen? Heutzutage sind die Ernährungsapostel froh, wenn mal einer was anderes als einen Döner runterschlingt!

Aber es kommt noch besser: Jeder Mensch trägt wegen dieser Schlampe Eva automatisch die Erbsünde mit sich herum. Das ist großartig, denn selbst wenn einer kein Wässerchen trüben kann, hat er doch diese beschissene Erbsünde am Hals und muss im Zweifelsfall bis in alle Ewigkeit in der Hölle braten, wo so ein kranker Typ namens Teufel den ganzen Tag seine Sadomaso-Spielchen treibt. Also gehet in euch und preiset gefälligst den Kerl, der euch das alles eingebrockt hat! Aber gut: Der ach so barmherzige Gott meint es ja in Wahrheit gut mit uns. Zwar rottet er seine misslungene Schöpfung zwischendurch mal halbherzig durch eine Sintflut aus (von jeder misslungenen Kreatur lässt er freilich ein entsprechend misslungenes Paar überleben), aber er schickt dann doch irgendwann seinen eigenen Sohn, der sich ans Kreuz nageln lässt, um die Sünden von den Menschen zu nehmen. Wie bitte? Ich soll mir hochherrschaftlich irgendwelche Sünden verzeihen lassen, die mir völlig am durchtrainierten Arsch vorbei gehen (zum Beispiel die famose Erbsünde), obwohl ich damit weniger am Hut habe als die italienische Fußball-Nationalmannschaft mit Fairplay? Was ist das für ein bescheuertes Drehbuch?

Aber gut, die Christen sind ja gar nicht so schlimm: Die meisten glauben inzwischen selbst nicht mehr die lustigen Fantasy-Abenteuer, die in der Bibel stehen, jedenfalls nicht wörtlich. Dafür schwören dann immer noch erhebliche Teile der Bevölkerung (auf solche Prozentwerte wäre die SPD stolz), dass Sterne und Planeten ihr Leben beeinflussen. Millionen Menschen wandern in Apotheken und lassen sich gut geschütteltes Leitungswasser als homöopathisches Medikament aufschwatzen. Ist das zu fassen? Ungezählte Paranoide verrennen sich in absurden Verschwörungstheorien zur Mondlandung, zum elften September, zum Haunebu-Ufo der Nazis ... was auch immer ... Andere Religionen zelebrieren offen ihre Missachtung einer zutiefst verächtlichen, minderwertigen Lebensform namens Frau, und wieder andere gehen mir am Samstagmorgen auf den Sack, indem sie uneingeladen an meiner Haustür klingeln, mir beschissene Zeitschriften zum passenden Thema Erwachen anbieten und ein Gespräch über Jesus, die Bibel und den Frieden in der Welt aufzwingen wollen.

Halten wir doch mal fest: Die Scientologen mögen monumental bescheuert sein, aber 1) haben sie mich noch nie an einem Samstagmorgen im Doppelpack überfallen, um mir ihre hirnlosen Druckerzeugnisse anzudrehen, 2) wurde ich nicht im Säuglingsalter mit Wasser übergossen und dabei ebenso zwangsweise wie ungefragt diesem Verein zugeführt, 3) muss ich keine Angst haben, dass mich ein durchgeknallter Scientology-Selbstmordattentäter im Bus mit 80 Kilo TNT in die Luft jagt und 4) verkaufen die Typen gegen viel Geld auch nichts anderes als jeder Esoterik-Quatschkopf oder der Zweitausendeins-Versand. Scientology ist blühender Blödsinn, aber wenn es darum geht, was ich für mich als Bedrohung oder auch nur als Belästigung sehe, dann ganz bestimmt nicht diese paar verstreuten Chaoten. Ob nun mit oder ohne Tom Cruise.

Habe die Ehre
Ihr Niklas von Rauffenburg
(Nehmen Sie gefälligst Haltung an!)


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