Ich schreibe ein Drehbuch

07. Juli 2009, 04:01 Uhr

Kategorie: Kultur

Autorin:
Nachtschwester Ingeborg

Hallo, ihr Lieben!

Neulich saß ich wieder morgens um viertel nach drei auf der Krankenstation und grübelte darüber nach, warum ich mir eigentlich jede verdammte Nacht damit um die Ohren haue, irgendwelchen Simulanten ihre Placebo-Zäpfchen in den Arsch zu schieben. Da hatte ich eine Idee. Ich schreibe das Drehbuch zu einer romantischen Komödie! Das kann so schwer nicht sein. Irgendwie sieht der Kram immer gleich aus, aber man kann anscheinend einen Haufen Kohle damit verdienen. So soll die Geschichte ablaufen:

Zuerst mal brauchen wir die dramatis personae. Die Hauptrollen spielen:

1) Unsere Heldin, nennen wir sie Adelheid. Sie ist etwa Ende zwanzig, sieht eigentlich super aus, ist dabei aber seit der Steinzeit solo, weil sie irgendwie immer das Mauerblümchen war. Dafür gibt es eigentlich keinen Grund, aber das muss so sein, weil sonst die Geschichte nicht funktioniert, okay?

2) Adelheids Jugendfreund, nennen wir ihn Harry. Er ist seit der Grundschule in Adelheid verknallt, sie eigentlich auch in ihn, aber dummerweise hat es später dann nicht mit der Hochzeit geklappt. Als Grund dafür denke ich mir ein banales Missverständnis aus Pubertätstagen aus.

3) Ein gutaussehender Schleimbeutel mit starkem Latin-Lover-Einschlag, schmieriges Grinsen, lange Löckchen, Goldkettchen, das ganze Programm. Nennen wir ihn Luigi. Er schmeißt sich an Adelheid ran, weil er auf ein schnelles Abenteuer aus ist oder sie sonstwie ausnutzen will. Luigi ist ein Arschloch, was jeder sofort sieht, außer Adelheid.

4) Die Verlobte von Harry, nennen wir sie Lukretia. Die brauchen wir, damit die Geschichte so richtig spannend wird. Denn Harry steht bereits kurz vor der Hochzeit mit Lukretia, als ihm durch Zufall eines Tages Adelheid über den Weg läuft. Lukretia ist eine intrigante Zicke, was jeder sofort sieht, außer Harry.

Nachdem also die Vorgeschichten endlich abgehakt und die Figuren vorgestellt sind, setzt die eigentliche Handlung ein. Sie verläuft im Großen und Ganzen so: Alles, was man erwartet, passiert auch. Dann wird geheiratet. Bis dahin muss ich mir natürlich noch einen Haufen belangloser Dialoge ausdenken, und da ich irgendwie 90 Minuten füllen muss, gibt es also noch weitere künstliche Verwicklungen. Durch ein neues Missverständnis verkrachen sich Adelheid und Harry bis in alle Ewigkeit (scheinbar), aber in letzter Sekunde klärt sich alles auf. Adelheid und Harry fallen sich in die Arme und heiraten.

Unterdessen haben sich auch Lukretia und Luigi kennengelernt und festgestellt, dass sie prima zueinander passen. Also ist am Ende Luigi doch nicht das Mega-Arschloch und Lukretia im Grunde auch ganz nett, und endlich gibt's sogar eine schöne Doppelhochzeit und alle sind zufrieden. Hach, ist das romantisch!

Dazwischen mixen wir noch ein paar lustige Nebenfiguren, zum Beispiel Adelheids schwulen Freund Detlef. Der muss schwul sein, damit er nicht als Nebenbuhler für Adelheid in Frage kommt. Er ist der Typ für die flotten Sprüche und die Situationskomik. Harrys schrullige Mutter Klothilde ist auch wichtig. Sie platzt immer im falschen Moment rein und versaut alles. Das bringt bestimmt Lacher ohne Ende! Als Filmtitel nehmen wir irgendwas mit viel Braut, Hochzeit und Verlieben drin, möglichst geschickt kombiniert.

Jetzt suche ich nur noch einen Produzenten dafür. Vielleicht habe ich ja mal Glück, dass so einer unter meinen allnächtlichen Simulanten reinkommt. Dem werd ich das Exposé schon unterjubeln, und wenn ich es ihm statt seiner Placebo-Zäpfchen reinschieben muss!

Gute Ruhe wünscht
Nachtschwester Ingeborg


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