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König Kaspar I.
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Niederes Volk!
Wenn einer am Boden liegt, soll man nicht nachtreten, heißt es. Aber gerade dann macht es doch am meisten Spaß, scheint sich die Meute der Wahlkommentatoren gedacht zu haben und stürzt sich einmütig auf die geschundene SPD. Nun kommen sie alle aus ihren Löchern, wissen (hinterher) alles besser, zerbröseln feinsinnig und mit spitzer Feder, welche Fehler Franz Müntefering gemacht hat, wer alles weg muss, wer die kommenden Parteistars sind, wie der Weg aus der Krise aussehen muss und und und.
Natürlich: Die SPD hat Mist gebaut, ziemlich viel sogar. Aber das zu analysieren überlasse ich gern den hauptberuflichen SPD-Bashern in den großen Redaktionen von Zeit bis Spiegel. Werfen wir doch lieber einen Blick auf den Wahlsieger, also Frau Merkel und ihre fabelhafte Union:
Die Wahl von 1976 diene einmal als Vergleich. Warum gerade 1976? Weil das die letzte Wahl (ich benutze nicht das kotzdämliche Synonym Urnengang) im alten Dreiparteiensystem war. Denn 1980 versuchten sich erstmals die Grünen, wenn auch ohne Erfolg.
1976 erhielt die CDU/CSU 48,6 Prozent der Stimmen, die SPD 42,6 Prozent. Seitdem hat die SPD 19,6 Prozentpunkte verloren, nicht zuletzt durch das Aufkommen massiver linker Konkurrenzparteien. Die CDU dagegen, immer und überall der Platzhirsch rechts der Mitte, hat es im selben Zeitraum geschafft, den eigenen Stimmenanteil um 14,9 Prozentpunkte zu drücken. Die CSU fiel gar von 10,6 Prozent zu Zeiten des großen Franz-Josef Strauß auf magere 6,5 Prozent anno 2009. Sagen wir es mal so:
Doll ist das auch nicht gerade.
Dabei hatte es die Union am rechten Rand nie mit ernsthafter Konkurrenz zu tun. In Bayern bekam die CSU bei der letzten Landtagswahl einen kleinen Vorgeschmack, wie das so mit Abspaltungen ist (Gabriele Paulis Freie Wähler). Auch bescherte vor zwanzig Jahren ein aalglatter Franz Schönhuber mit seinen Republikanern der Union am rechten Rand kurzzeitig Probleme. Aber das dauerhafte Fehlen von wählbaren rechten Alternativen gestattet es der CDU/CSU heute sogar, weit in die Mitte zu rücken und in manchen Belangen sozialdemokratischer als die SPD selbst aufzutreten. (Die SPD wiederum wirkt mit ihrem Anti-Atom-Kasper Sigmar Gabriel mitunter grüner als ein Jürgen Trittin im Laubfroschkostüm.)
Während also die CDU der schwächelnden SPD auch in der Mitte Wähler abgraben kann, braucht sie selbst von der rechten Seite her keine Attacken zu fürchten. Man nehme jedoch nur einmal an, einer neuen rechtskonservativen Partei gelänge es, die auf bürgerlich getrimmte Fassade frei von braunen Flecken zu halten und mit populistischen Parolen erfolgreich auf Stimmenfang zu gehen. Ungefähr so, wie am anderen Ende die Linke sich nicht entblödet, einen grinsenden Gysi mit dem Spruch Reichtum für alle!
zu plakatieren. Dämlicher wird's allenfalls noch, wenn eine Sahra Wagenknecht den Mund aufmacht. Sicher, es hat einen gewissen Unterhaltungswert, wenn sie beteuert, die DDR sei nicht undemokratischer
als die BRD gewesen (Quelle). Allein, was hilft's: Die SPD kostet sogar so was Stimmen. Sich da anzubiedern, kann keine Lösung sein.
In solch einem Dilemma steckt die Union freilich (noch) nicht: Parteigründungen am rechten Rand werden entweder rasch von altbekannten Ex-Nazis unterwandert oder sie schreddern sich durch parteiinterne Querelen selbst. Und trotzdem hat die CDU es geschafft, in den letzten 23 Jahren stetig abzubauen, ohne jede populistische Konkurrenzpartei.
Viel Spaß also beim Feiern des Wahlsieges!
Wünscht:
Seine Majestät
König Kaspar I.