Autor:
Ferdinand Schratmannsdörffer
- Ort: Rheinland
- Dabei seit: 2000
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- Es gibt keinen Sex!
Wenn ein Jahrzehnt zu Ende geht, sieht sich so mancher zu einem Rückblick bemüßigt. Ich natürlich auch. Und dabei frage ich mich: Was ist (oder war) eigentlich das herausragende Merkmal der 00er Jahre?
Ich sage es einmal so: Großkotzigkeit. Heute wissen und können wir natürlich immer alles besser als die Idioten von früher, aber haben wir zu dieser wahrlich bescheidenen Perspektive eigentlich Anlass? Wie wird man in zwanzig, dreißig Jahren - also mit dem üblichen Abstand einer Generation - über die Jahre 2000 bis 2009 zu Gericht sitzen? Vermutlich nicht anders, als wir das heute mit den 1970er Jahren tun. Und zwar:
Während man früher nach einigen Jahrzehnten eher nostalgisch und liebevoll, vielleicht sogar etwas wehmütig auf vergangene Zeiten zurückblickte, ist es heutzutage eine Art Mode geworden, sich über den Geschmack der letzten Generation lustig zu machen. Je herablassender desto besser. Das Amusement über Plateausohlen und Schlaghosen ist schon ein wenig abgeklungen, dafür sind in letzter Zeit eher die 1980er Jahre mit den Vokuhila-Frisuren Zielscheibe wohlfeilen Spotts. Warum eigentlich?
Im Gegensatz zu den insgesamt eher blassen 80er Jahren haben die Nullerjahre des neuen Jahrtausends in Sachen stilistischer Fehlgriffe wirklich einiges zu bieten. Zwar sind im Straßenbild die Arschbeutelhosen zum Glück selten geworden (oder ich nehme sie nicht mehr wahr), dafür brachte der letzte Sommer wieder einiges an gnadenlos bescheuerten Tätowierungen ans Tageslicht. Despektierliche Bezeichnungen wie Arschgeweih
und Schlampenstempel
setzen sich indes heute schon durch: ein Indiz, dass es mit dem ästhetischen Wert dieser Modererscheinung vielleicht doch nicht so weit her ist. Welche Ausdrücke wird man wohl in fünfzehn Jahren dafür finden?
Wie Pilze schossen die Tattoo- und Piercing-Studios zwischenzeitlich aus dem Boden, viele sind wieder dicht, aber die Bereitschaft, sich gegen Geld dauerhaft verschandeln zu lassen, scheint in weiten Teilen der Bevölkerung erstaunlich groß (und ungebrochen). Manche glauben außerdem, je mehr Blech und Firlefanz sie sich ins Gesicht oder an sonstige durchlöcherte Körperteile hängen, desto attraktiver würden sie.
Nun ja, die Leute aus den belächelten 80er Jahren sind jedenfalls fein raus: Eine Vokuhila-Frisur wird man zur Not in drei Minuten los. Man braucht dafür nur eine Schere. Eine bescheuerte Tätowierung freilich ist was fürs Leben, vor allem, wenn man nach etlichen Jahren aus dem Leim geht und das schöne Bildchen auf dem Rücken plötzlich doppelt so breit ist wie beabsichtigt.
Die Öko-Nervensägen werfen uns immer vor, wir würden nicht genug an die Welt unserer Kinder denken, blablabla, der ganze Quatsch, den wir von den Aufklebern auf den üblichen Studenten-Rostlauben kennen. Ich meine, in einer Hinsicht haben wir durch die Moden unserer Zeit prächtig vorgesorgt:
Unsere Nachfahren werden tüchtig was zu lachen haben.
Guten Rutsch ins sicher wieder bestürzend geschmacklose Jahr 2010
wünscht verbindlichst
Euer Ferdi