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König Kaspar I.
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Niederes Volk!
Viel wird in diesen Tagen über das Superwahljahr
geschrieben und geschwatzt. Da läuft die Demokratie wieder auf Hochtouren. Es wird mir zumindest wieder einiges an guter Unterhaltung bescheren, wenn an den Wahlabenden die Sieger und Verlierer ihre lustigen Bewertungen abgeben, und wenn sich wieder jemand zum Sieger erklärt, dem nicht einmal jeder vierte Wahlberechtigte seine Stimme gegeben hat. Nehmen wir nur mal die Neuwahl des hessischen Landtags vom Anfang des Jahres ...
Die größte Partei war mit 39 Prozent die der Nichtwähler (Quelle: Landtagswahl 2009 in Hessen). Von den 61,0 Prozent der abgegebenen Stimmen waren weitere 2,9 Prozent ungültig (wahrscheinlich die üblichen netten Grüße wie "alles Idioten!"). Bleiben also 58,1 Prozent gültige Stimmen. Der strahlende Wahlsieger, Herr Koch, erhielt exakt 963.763 Stimmen, das waren 46.012 Stimmen weniger als bei seinem ohnedies verheerenden Abschneiden von 2008. Dieses Kunststück brachte er fertig, nachdem sich die SPD in den Monaten zuvor unter Führung von Frau Ypsilanti recht kompetent selbst zerlegt hatte.
Der strahlende Wahlsieger also, Herr Koch, kann sich dank der Hilfe der Freidemokraten auf eine weitere Amtszeit freuen, und dabei weiß er eine wahrlich überwältigende, ähm, Mehrheit hinter sich: genau 963.763 von 4.375.286 Wahlberechtigten. Das sind ziemlich genau 22 Prozent der Stimmen. Das heißt: Fast vier Fünftel der Hessen haben Herrn Koch nicht gewählt. Das kann für das gegnerische Lager nun kein wirklicher Trost sein, denn für die SPD als zweitstärkste Kraft entschieden sich noch ganze 14 Prozent, also etwa einer von sieben. Zusammen kommen die beiden stärksten Parteien nicht an die Zahl jener heran, die lieber gleich zu Hause blieben.
Vielleicht liegt es daran, dass man dem Bürger in dieser Demokratie nicht viel Demokratie zutraut.
Deshalb legt das Grundgesetz vorsorglich die mittelbare Demokratie fest, die Parteiendemokratie. Anders als zum Beispiel die Amerikaner dürfen die Deutschen nur indirekt entscheiden, von wem sie denn regiert werden möchten. Wählen darf der Bundesbürger dafür ein paar Kindermädchen, die ihm dann schon die Verantwortung abnehmen und mitunter auch nicht gern an ihre Verprechen vor der Wahl erinnert werden möchten. Immerhin sind gewisse Fortschritte zu verzeichnen, denn sogar dem Deutschen ist es inzwischen erlaubt, direkt den Bürgermeister zu wählen.
Nun läuft also das Superwahljahr an (welche Euphorie doch da mitschwingt)! Da dürfen wir uns wieder mehrfach an allerlei wunderbaren "Parteien zur Wahl"-Werbespots delektieren. Ach, welch große Filmkunst, wenn uns Politiker in 90 Sekunden die Welt erklären! Wobei der gute Geschmack natürlich gewahrt bleiben muss, sonst werden stilistisch misslungene Passagen auf Geheiß der Sendeanstalten fürsorglich angepasst. Deutlich niedlicher präsentiert sich da schon dieser oder dieser Bockmist, der sich gut in einem Biomasse-Reaktor machen würde. Im übrigen kann man nie früh genug damit anfangen, Kinderhirne mit irgendeiner bekloppten Ideologie vollzupumpen. Aber ich schweife ab.
Schluss mit dieser endlosen Nerverei der Parteien!
Alle Macht der wahren Mehrheit: den Nichtwählern!
Deshalb rufe ich hiermit den Bundestag auf, sich selbst aufzulösen. Ich rufe alle Minister auf, zurückzutreten und den Weg freizumachen für mich, König Kaspar I. Ich mache keine leeren Versprechungen. Unter meiner Regierung müssen Sie keine Wahlwerbespots mehr erdulden, denn die Wahlen werden abgeblasen. Und an meinem Krönungstag gibt es Freibier für alle! (Oh, Verzeihung, war das jetzt wieder sozialethisch desorientierend für Jugendliche?)
Es geruhte, sich mit Ihnen abzugeben:
Seine Exzellenz,
König Kaspar I.
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