Die Markus-Akte (12)

Guten Tag!

Falls Sie zum ersten Mal auf meine Fortsetzungsreihe "Die Markus Akte" stoßen, lesen Sie doch bitte zunächst den Einführungstext. Vielen Dank.
Heute erfahren wir unter anderem, welchen Wert ein Reklame-Kugelschreiber hat.

9. Klasse, Realschule.
Sie glauben wahrscheinlich nicht, wie umständlich dieser Markus ist. Nehmen wir zum Beispiel die nicht seltene Situation, dass er den Druckknopf eines Kugelschreibers betätigen mochte, um die Mine ein- oder auszufahren. Dafür braucht Markus zwei Hände. Ich sage: Nimm mal ein Lineal und zeichne ein Koordinatensystem. Das sieht dann so aus (machen Sie das einfach mal nach):

Mit der Rechten nimmt er ein Lineal, mit der Linken einen Kugelschreiber, dann überlegt er angestrengt, legt das Lineal wieder weg, drückt mit der Rechten den Minenknopf, übergibt den Kugelschreiber sodann in die andere Hand, nimmt mit der Linken das Lineal, stellt fest, daß er den Block vor seiner Nase noch nicht aufgeschlagen hat, legt Lineal und Kugelschreiber ordentlich beiseite und beginnt schließlich, den mehr als zur Hälfte vollgeschmierten Block Seite für Seite umzublättern, auf dass irgendwann einmal ein unbenutztes Blatt komme.

Nun beschwert er sich schon zum zweiten Mal, weil ich in einer der letzten Stunden wohl einen seiner Reklamekugelschreiber von der Sparkasse eingesteckt habe. Daraufhin mache ich ihm erst mal klar, a) wie hoch der materielle Wert eines Reklamekugelschreibers ist, und b) wie hoch der Wert meiner Zeit ist, die ich daheim für die Lektüre seiner Schultexte opfere. Oder: Wenn ich die Zeit, die er für endlose Diskussionen um den verfluchten Kugelschreiber verschwendet, in Minutenhonorar umrechne, dürfte das dessen Materialwert bei weitem übersteigen. Mal abgesehen davon: Vielleicht hat er diesen Kugelschreiber sogar selbst verschlampt.

Nächste Stunde. Da er es nie auf die Reihe bekommt, mir ein inhaltliches Protokoll seiner Unterrichtsstunden zu geben, habe ich einfach mal sein Schulheft konfisziert. Da finde ich dann zum Thema offenes Ende den Satz: Viele Dichterfirmen machen das so. Ich frage natürlich, was das denn heißen soll. Markus:
- Ja, das stand so an der Tafel.
- Das kann ich mir nicht vorstellen, denn das ergibt ja keinen Sinn!
- Ja, aber wieso, das sind Firmen, die dichten.
- Seit wann wird Literatur in Firmen hergestellt?
- Ja, ich weiß auch nicht, aber das stand so an der Tafel.
Nun kann ich mir leicht denken, dass an der Tafel wohl so etwas wie Dichter/innen stand, was Markus dann entsprechend uminterpretierte. Aber so leicht kommt er mir nicht davon:
- Pass auf, ich möchte, dass du bis zur nächsten Stunde in Erfahrung bringst, was das heißen soll.
- Ja aber das sieht doch so blöd aus, wenn ich da zur Lehrerin gehe und frage …
- Herrgottnocheins! Du kannst doch irgendeinen von deinen Klassenkameraden fragen!
. Ja aber das sieht so blöd aus!
- Was sieht denn daran blöd aus?
- Ja, ich weiß nicht, das ist doch schon so lange her.
Und so weiter.
Mindestens ein Drittel jeder Stunde verschwenden wir mit Diskussionen um solchen Stumpfsinn.

To be continued ...
Versäumen Sie nicht, wenn es in der nächsten Woche heißt:
- Markus glänzt mit Traumnoten
- Markus erklärt, was "geistige Interessen" sind