Die Markus-Akte (26)

14. September 2009, 08:03 Uhr

Kategorie: Markus, Gesellschaft

Autorin:
Gundula Meierschmidt

Guten Tag!

Falls Sie zum ersten Mal auf meine Fortsetzungsreihe "Die Markus Akte" stoßen, lesen Sie doch bitte zunächst den Einführungstext. Vielen Dank.
Heute erfahren wir unter anderem, wie man sich kompetent bewirbt.

11. Klasse, Höhere Handelsschule.
Inzwischen ist es März, und wie jedes Jahr werden auch diesmal die Oscars verliehen. Damit hat Markus zwar nichts am Hut, ich aber, und so sage ich eine Nachhilfestunde bei ihm ab mit der Begründung, ich käme nach der üblicherweise sehr langen Oscarnacht erst morgens ins Bett. Deshalb hätte ich mir vorgenommen, am Nachmittag zuvor ein paar Stunden Schlaf zu tanken. Für Markus spielt der eine Tag Verschiebung auch keine Rolle, da zur Zeit keine Klausuren anstehen. So weit, so gut.

Fragt mich Markus in der nächsten Stunde, warum man denn die Oscarverleihung nicht zu einer vernünftigen Zeit machen könne. Ich sagte: Ist sie ja, aber in Los Angeles, und dazu haben wir ungefähr zehn Stunden Zeitunterschied. Meint Markus ganz verblüfft: Ach, Sie waren in Los Angeles?

Inzwischen hatte er sein erstes Bewerbungsgespräch bei einer Bank. Schade, dass ich nicht dabei sein konnte. Er hat mir natürlich treudoof alles berichtet. Sie haben ihn gefragt, wenn er einem Kunden 3% für 1000 Mark gibt, wieviel muss er ihm nach Ablauf eines Jahres zurückzahlen. Aber das hatte ich richtig, sagt Markus stolz, das war ja auch leicht gewesen, 1300.- DM. Ich sage, fein, zu so 'ner Bank ginge ich jederzeit gerne!

Dann haben sie ihn wohl noch ein bißchen über Politik ausgefragt, worin er seiner Zeugnisnote (5) auch alle Ehre gemacht haben muss. Nun ja, aus dem Bankjob wird wohl vorerst nichts.

In Deutsch machen sie jetzt (wieder mal) Zeitungen: Berichte, Kommentare, Leitartikel, das ganze Programm. Und da kommen ja nun immer komische Wörter drin vor, so Fremdwörter wie Grabenkämpfe. Also erkläre ich ihm, woher das Wort stammt und wie in diversen Kriegen der Grabenkampf entstanden ist. Ich stelle anschließend die Frage: Wenn nun hier ein Graben ist und da einer, und es wird monatelang nur hin und her geschossen, was geschieht dann wohl mit dem Land dazwischen? Scharfsinnige Antwort: Die Leute, die da wohnen, ziehen aus?

Markus hatte jetzt wieder ein Vorstellungsgespräch. Stolz berichtete er mir, er habe sich vorher über die Wahlergebnisse in England informiert, und das sei dann auch drangekommen (zur Erinnerung: diese Aufzeichnungen stammen aus den 90er Jahren).
- Ich frage: Schön, und was hast Du denen erzählt?
- Markus: Ja, dass da eine Partei nach achtzehn Jahren nicht mehr regiert und dass da jetzt eine andere Partei dran kommt. (Anmerkung von mir: Es handelte sich um Tony Blair und die Labour Party.)
- Ich: Ja, richtig, aber welche Partei hat gewonnen?
- Markus: Die Nationaldemokraten?
- Ich: Gottlob nicht, sondern?
- Markus: Die Republikaner?
- Ich: Schon mal was von der Labour Party gehört?
- Markus: Ach ja, und der Kandidat von denen hatte so einen komischen Namen, La Bour. (Und zwar französisch la-Buuhr ausgesprochen!)
- Ich: Nix La Bour, Labour Party! Und wie hieß der Kandidat?
Markus weiß es nicht, das ist ja auch so ein ganz komischer Name.
- Ich: Wieso komisch? Tony Blair ist doch ein ganz normaler Name.
Ja, aber den hätte er noch nicht gehört, das käme ihm also komisch vor. Nun kann ich mir gut vorstellen, wie derlei profundes politisches Fachwissen im Vorstellungsgespräch ankam.

Aber das war noch gar nichts. Denn da war außerdem noch ein Einstellungstest. Markus meine dazu: Ja, bei den Matheaufgaben habe ich wohl alles falsch gehabt, Dreisatz und Prozentrechnen und so komische Textaufgaben. Aber dafür war ich bei den sprachlichen Sachen wohl ganz gut. Ich frage, was denn drangekommen sei. Ja, ganz komisch, da sei ein Buchstabe vorgegeben gewesen, und man sollte in kurzer Zeit so viele Wörter wie möglich niederschreiben, die damit anfangen. Was das denn sollte?

Ich sage, das sei wohl ein Assoziationstest, die wollen halt wissen, was dir als erstes ins Hirn kommt, wenn du so was machst. Das heißt dann natürlich, dass man bei dem Buchstaben 'K' möglichst nicht gleich 'Kacke' hinschreibt.
- Oh, meint Markus, das dürfe man nicht? Das sei schlimm?
- Ich: Wieso, was hast du denn da wieder verzapft?
- Markus: Ja, also, da kam der Buchstabe 'F', und da habe ich auch geschrieben 'fressen', 'ficken' und 'Freibier'.
- Ich: Das meinst du doch jetzt nicht ernst …
- Markus: Doch, doch, man sollte doch ohne viel Nachdenken hinschreiben, was einem einfällt!
- Grmbllmmb.
Und dann fragt er noch, ob ihm das zum Nachteil gereichen könne.

Ich stelle mir unterdessen gerade den Glücklichen vor, der den Fragebogen von Markus ausgewertet hat.

To be continued …
Versäumen Sie nicht, wenn es in der nächsten Woche heißt:
- Markus bekommt Bescheid wegen seines Einstellungstests
- Markus übt Bruch- und Prozentrechnen

Die Markus-Akte
28. September 2009Die Markus-Akte (28)
21. September 2009Die Markus-Akte (27)
14. September 2009Die Markus-Akte (26)
07. September 2009Die Markus-Akte (25)
31. August 2009Die Markus-Akte (24)
24. August 2009Die Markus-Akte (23)
17. August 2009Die Markus-Akte (22)
10. August 2009Die Markus-Akte (21)
03. August 2009Die Markus-Akte (20)
27. Juli 2009Die Markus-Akte (19)
20. Juli 2009Die Markus-Akte (18)
13. Juli 2009Die Markus-Akte (17)
06. Juli 2009Die Markus-Akte (16)
29. Juni 2009Die Markus-Akte (15)
22. Juni 2009Die Markus-Akte (14)
15. Juni 2009Die Markus-Akte (13)
08. Juni 2009Die Markus-Akte (12)
01. Juni 2009Die Markus-Akte (11)
25. Mai 2009Die Markus-Akte (10)
18. Mai 2009Die Markus-Akte (9)
11. Mai 2009Die Markus-Akte (8)
04. Mai 2009Die Markus-Akte (7)
27. April 2009Die Markus-Akte (6)
20. April 2009Die Markus-Akte (5)
13. April 2009Die Markus-Akte (4)
06. April 2009Die Markus-Akte (3)
30. März 2009Die Markus-Akte (2)
23. März 2009Die Markus-Akte (1)

[] · Poststelle · HTML · CSS · über rasputin