Autor:
Giovanni Cortese
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Dieser Text ist Teil meiner Reihe mit 100 bedeutsamen Werken der Filmgeschichte. Wenn Sie mehr dazu wissen möchten, lesen Sie bitte zunächst den kurzen Einführungstext; da erkläre ich etwas genauer, was das hier soll.
2001: Odyssee im Weltraum (2001: A Space Odyssey)
Science Fiction, Großbritannien 1965-1968, Regie: Stanley Kubrick, Kamera: Geoffrey Unsworth, John Alcott, mit Keir Dullea, Gary Lockwood, William Sylvester, Leonard Rossiter
Inhalt: Ein Prolog berichtet vom kümmerlichen Leben eines Rudels Vormenschen in der Steinzeit. Nur mit Mühe können sie sich gegen Raubtiere und verfeindete Stämme wehren. Da entdeckt einer von ihnen einen schwarzen Monolithen unbekannten Ursprungs. Prompt hat er aus dem Nichts den Geistesblitz, einen dicken Knochen als Schlagwaffe zu nutzen.
Schnitt ins Jahr 2001: Raumschiffe umkreisen inzwischen im Walzertakt die Erde. Da wird auf dem Mond wieder ein glatter schwarzer Monolith gefunden. Er sendet Signale aus der Gegend vom Jupiter. Also macht sich einige Zeit später ein Raumschiff auf den Weg, um der Sache auf den Grund zu gehen. Mit an Bord: der Supercomputer HAL 9000, der leider während der Reise durchdreht und aus Langeweile anfängt, die Besatzung abzumurksen. Astronaut Bowman (Dullea) versucht, das Elektronengehirn abzuschalten. Tja, und danach wird dann alles hübsch psychedelisch bunt und die ganze Odyssee endet in einem Barock-Zimmer.
Filmhistorisch bedeutsam, weil: Bis in die 1960er Jahre hinein genoss Science Fiction nicht unbedingt den besten Ruf, und das ist teilweise noch heute so (Tatsache ist, dass sich Science Fiction in Buchform viel besser verkauft, wenn man Technik-Thriller oder ähnliches aufs Cover schreibt, bloß nicht Science Fiction). Im Kino gab es das Genre zwar schon ewig lange, und einer der allerersten dem heutigen Verständnis nach erzählenden Filme war sogar lupenreine Science Fiction. Es kann aber kaum übersehen werden, dass das Genre vor Kubricks 2001
nur selten mehr zu bieten hatte als Geschichten über schleimige Tentakelmonster oder durchgeknallte Wissenschaftler. Was Kubrick da aufzog, war in einer ganz anderen Liga.
Aber auch 2001
gehört zu jenen Filmen, deren Inhalt nicht viel über ihre innovative Qualität aussagt, eigentlich gar nichts. Kubricks brach im Grunde mit allen etablierten Grundsätzen des Unterhaltungskinos (und Science Fiction wurde damals automatisch mit Groschenheft assoziiert). Sein Film ist provozierend langsam; über weite Strecken geschieht rein gar nichts. Minutenlang schweben Raumschiffe zu einem Walzer von Johann Strauß durchs All, dann wieder beobachtet die Kamera die Astronauten endlos bei Alltagsroutinen (Joggen), dazu wird herzlich wenig gesprochen. Ganz realistisch bleibt es im Weltraum völlig tonlos, Action gibt es null, und als Musik dudelt kein flotter Pop, sondern ausschließlich Klassik, darunter auch von einem modernen Komponisten wie György Ligeti. So etwas muss man sich erst einmal trauen.
Visuell war 2001
seiner Zeit weit voraus; - so weit, dass es bis heute immer wieder Nahrung für die Mondlandungsverschwörungen liefert: Kubrick habe sozusagen in einem Aufwasch gleich für die NASA das ganze Apollo-Programm in seinen Studios hingetürkt. Das demonstriert die Sorgfalt, mit der das Spezialeffekte-Team um Douglas Trumbull absolut glaubhafte Bilder hinzauberten. Diese Tricks haben bis heute nichts von ihrer Überzeugungskraft verloren und lassen sogar manchen CGI-Dutzendrotz unserer Tage verblassen.
Das alles hätte aber kaum dazu beigetragen, aus 2001
einen Klassiker zu machen: Ähnlich wie Michelangelo Antonionis Blow up
passte auch Kubricks Film hundertprozentig in den Zeitgeist der späten 60er Jahre. Kein Wunder, dass das kunterbunte Finale in den Studentenkinos um so besser abging, wenn man sich vorher was Passendes eingeworfen hatte. Das waren schließlich die Tage, als sogar die einstmals als brav geltenden Beatles eine gewisse Lucy in the Sky with Diamonds
(sprich: LSD) verherrlichten.
Abspann: 1984 drehte Peter Hyams doch tatsächlich eine Fortsetzung mit dem Titel 2010 - Das Jahr, in dem wir Kontakt aufnehmen
. Für sich genommen war das Ergebnis gar nicht so unleidlich, hat aber mit Kubricks Original nicht viel gemeinsam und sollte auch nicht unter diesem Blickwinkel gesehen werden.