Autor:
Giovanni Cortese
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Dieser Text ist Teil meiner Reihe mit 100 bedeutsamen Werken der Filmgeschichte. Wenn Sie mehr dazu wissen möchten, lesen Sie bitte zunächst den kurzen Einführungstext; da erkläre ich etwas genauer, was das hier soll.
(Thriller, USA 1971, Regie: Steven Spielberg, mit Dennis Weaver)
Intro: Steven Spielberg ist heute im Kino ein Pendler zwischen zwei Welten: Auf der einen Seite klotzt er mit effektüberladenen Mega-Budget-Produktionen, auf der anderen Seite profiliert er sich immer wieder gern mit ambitionierten Projekten wie Schindlers Liste
oder München
. Neben großartiger Unterhaltung unterlaufen ihm dabei leider trotz allen handwerklichen Geschicks stets solche geschmacklichen Entgleisungen wie Hook
, und sein Hang fürs Rührselige, Pathetische und Schmalzige trübt auch ernsthafte Sujets wie Amistad
bisweilen in ärgerlicher Weise. Selten war Spielberg so gut wie in seinem ersten Langfilm, Duell
, ursprünglich fürs Fernsehen gedreht und dann fürs Kino umgearbeitet.
Inhalt: Der Vertreter David Mann - nicht nur sein Name ist absolut nichtssagend, auch sein Durchschnittsauto und sein Outfit - überholt irgendwo in der amerikanischen Pampa einen potthässlichen und stinkenden Tanklaster. Der rückt ihm daraufhin auf die Pelle und versucht schließlich mit immer drastischeren Mitteln ihn umzubringen. Irgendwann entdeckt Mann, dass es keinen Sinn hat, ständig wegzulaufen, und dass er sich der Herausforderung zum Duell stellen muss.
Filmhistorisch bedeutsam, weil: Wie schon in der Besprechung von Supervixens
gilt: Ein begabter Regisseur braucht nicht viel, um einen packenden Film zu drehen. Hier reichen eine alte Karre, ein noch älterer Laster, ein Hauptdarsteller und eine weitgehend verlassene Gegend. Dementsprechend war Duell
ein spottbilliger Film, heruntergekurbelt in gut zwei Wochen.
Aber hier zeigt sich die ganze Essenz des Filmemachens, schlicht alles, was in dem ganzen überzüchteten 200-Mio-Dollar-Bullshit dieser Tage irreversibel unter die Räder gekommen ist: die Lust am Film an sich, das Talent, aus reiner Filmsprache wie Kamerawinkel, Brennweite, Montage, Tonschnitt und so weiter eine Atmosphäre unausweichlicher Bedrohung aufzubauen.
Dafür hat natürlich nicht jeder eine Antenne. Deshalb sei hier eine Amazon-Kundenrezension zitiert, die auf ihre Weise Bände spricht (und zwar darüber, wie inzwischen eine ganze Generation das Filmegucken gelernt hat):
5 von 166 Kunden fanden die folgende Rezension hilfreich:
1.0 von 5 Sternen (mies), 8. Februar 2005
Von Ein Kunde
ich habe ja schon viel gesehen, aber einenn noch schlechteren film sicherlich noch nie.
die handlung in kurzform (eine langform gibt es nicht): autofahrer überholt lkw-fahrer, welche eine todsünde, "logischerweise" versucht der lkw-fahrer sofort ihn umzubringen, und das den ganzen restlichen film.
natürlich alles sehr realistisch dargestellt, ein alter rostiger truck, der mit umgerechnet knapp 150 km/h (!) dem autofahrer nachjagt, um ihn für die todsünde "überholen" umzubringen.
Ja ja, ein Publikum, das jeden Roland-Emmerich-Film mit all seinen physikalischen Unmöglichkeiten bedenkenlos und mit wachsender Begeisterung frisst, mokiert sich über einen Lkw, der sich nicht an die Geschwindigkeitsbegrenzung hält.
Zurück zum Film: Verschiedentlich ist Duell
auch als Horrorfilm beschrieben worden, da der Lkw, dessen Fahrer nie ganz zu sehen ist, alle Verhaltensweisen eines gefräßigen Monsters an den Tag legt. Und ebenso wenig, wie Monster eine Begründung für ihre Mordgier benötigen, bedarf es einer Erklärung, warum der fiese Tankwagen den Vertreter zermalmen will.
Für Darsteller Dennis Weaver bot Duell
sicher die Rolle seines Lebens. Über weite Strecken spielt er ganz allein, hämmert verzweifelt aufs Lenkrad ein, fleht den Motor an, doch gefälligst schneller zu fahren und führt einen kindlichen Freudentanz auf, als die Gefahr endlich beseitigt ist. Einen Film wie Duell
wurde Spielberg heute natürklich nicht mehr machen. Schade. Denn die wahren Ungeheuer des Kinos sind nicht auf der Leinwand, es sind die aberwitzigen Monster-Budgets, die in ihrem oberflächlichen Effektehunger alle Kreativität verschlingen.