Autor:
Giovanni Cortese
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Dieser Text ist Teil meiner Reihe mit 100 bedeutsamen Werken der Filmgeschichte. Wenn Sie mehr dazu wissen möchten, lesen Sie bitte zunächst den kurzen Einführungstext; da erkläre ich etwas genauer, was das hier soll.
Der Schwarze Falke (The Searchers)
Western, USA 1956, Regie: John Ford, Musik: Max Steiner, mit John Wayne, Jeffrey Hunter, Vera Miles, Ward Bond, Natalie Wood, Harry Carey jr., John Qualen, Antonio Moreno
Inhalt: Texas, einige Jahre nach dem amerikanischen Bürgerkrieg: Als Veteran Ethan zur Ranch seines Bruders Aarons zurückkehrt, bleibt ihm nicht viel Zeit für ein besinnliches Wiedersehen. Nachdem verfeindete Indianer die bewaffneten Männer durch eine Finte weggelockt haben, überfallen sie das Anwesen, töten die Erwachsenen und verschleppen die jungen Schwestern Lucy und Debbie. Ethan und einige andere Männer machen sich auf die Verfolgung, und schon bald finden sie Lucys Leiche. Als der Trupp später die aussichtslose Suche nach Debbie aufgibt, lässt Ethan nicht nach. Zusammen mit dem jungen Martin begibt er sich auf eine jahrelange Odyssee, bis er schließlich auf eine heiße Spur stößt. Sie führt (in der deutschen Fassung) geradewegs zum Komantschenhäuptling Schwarzer Falke. Inzwischen hat sich der Hass in Ethan dermaßen aufgestaut, dass sich Martin nicht mehr ganz sicher ist, ob er Debbie wirklich retten oder lieber als Indianerschlampe abknallen will …
Filmhistorisch bedeutsam, weil: Obwohl John Wayne seinen Oscar erst viele Jahre später für Henry Hathaways Der Marshal
bekam, enthält John Fords Der Schwarze Falke
seine wahre darstellerische Glanztat. Titelheld Ethan ist nicht gerade ein einfacher und umgänglicher Zeitgenosse. Als Lucys geschockter Verlobter nach dem Fund ihrer Leiche fragt War sie …?
, blafft Ethan zurück (äußerst sensibel): Soll ich dir ne Zeichnung machen?
Er lebt ganz nach dem Grundsatz: Nur ein toter Indianer ist ein guter Indianer.
Wenn er also mit seiner Winchester durch die Gegend zieht und Der Tag wird kommen!
brabbelt, dann ist das keine leere Drohung. Seine Besessenheit ist möglicherweise auch dadurch begründet, dass es sich bei Debbie um seine illegitime Tochter handelt. Das wird niemals offen gesagt, aber es gibt zahlreiche subtile Anspielungen: Debbie hat zum Beispiel eine ganz andere Haarfarbe als ihr Vater und ihre Schwester (nämlich die von Ethan).
Die wahre Suche spielt sich im Inneren Ethans ab. Unter der Regie von Western-Großmeister John Ford wird das brillant fotografierte Monument Valley mit seinen schroffen Tafelbergen zur Seelenlandschaft, und ebenso rau ist der bisweilen tiefschwarze Humor. Der Originaltitel The Searchers
trifft den Kern sehr viel besser als das an Groschenheftchen erinnernde Der Schwarze Falke
der deutschen Synchronisation (der fragliche Häuptling heißt noch nicht mal so, sondern Scar). Wenn John Wayne in der berühmten Schlusseinstellung zur Tür hinaus und unsicheren Schrittes zurück in die Wüste tritt, ist die eigentliche Suche für ihn längst noch nicht beendet.
Abspann: John Wayne identifizierte sich mit der Rolle so sehr, dass er seinem 1962 geborenen Sohn den Namen Ethan gab. Das Monument Valley wird heute auch als John Ford-Country bezeichnet (er inszenierte zahlreiche Filme hier). Der Schwarze Falke
selbst wurde und wird von etlichen Filmemachern wie Steven Spielberg, George Lucas, Martin Scorsese und Quentin Tarantino kultisch verehrt und immer wieder zitiert (bis in die Star Wars
-Filme hinein) und sein Einfluss ist bis in die Popkultur hinein spürbar.